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das Alter und das Älter werden

Veröffentlicht am 05.01.2016

Aktuell gelange ich zu der Überzeugung, dass die Menschen nur aus einem Grund älter werden: damit sie nämlich die ganzen Vorsorgeuntersuchungen, die "wir-bleiben-ewig-jung-Programme" und die Prophylaxe-Maßnahmen zeitlich noch in Anspruch nehmen können ...

... meine Zahnärztin rät mir schon seit Jahren zu einer vierteljährlichen Vorsorgeuntersuchung die eine professionelle Zahnreinigung mit einschließt. Gut, bei mir ist es wohl genetisch bedingt, dass sie bei jedem dieser Besuche mit der Treffsicherheit eines Spürhundes eine neue Baustelle ausmacht. Und ich kann kauleistentechnisch mit so ziemlich allem aufwarten, was die Zahnmedizin an Behandlungsfeldern aufzuweisen hat.

Dazu kommt die sanfte aber nachdringliche Ermahnung meiner Hausärztin, dass ich nun in dem Alter bin, wo eine regelmäßige Darmkontrolle, der Routinecheck beim Hautarzt und eine jährliche Grippeimpfung unbedingt anzuraten ist.

Erst in der letzten Woche erweiterte meine Frauenärztin meinen Terminkalender um eine mindestens jährlichen Kontrollbesuch in ihrer Praxis sowie die mindestens 1 mal im Monat selbst vorzunehmende Brustuntersuchung. Bei der Gelegenheit wies so auch noch, natürlich ganz nebenbei, darauf hin, dass es ratsam wäre, mal meine Knochendichte untersuchen zu lassen. Ich würde zwar viel Sport machen, aber immerhin wäre ich auch schon 51 Jahre alt, und gerade bei schlanken Frauen wäre das unbedingt anzuraten.

Das ich die 50 bereits überschritten habe, dass hat mir auch die Einladung zu einem Mammographie-Termin deutlich gemacht, um welche ich nie gebeten hatte, die aber automatisch kurze Zeit nach dem runden Geburtstag wohl obligatorisch im Briefkasten des weiblichen Geburtstagskindes flattert. Ignoriert man diese weil sie im ersten Moment eher Verwirrung, Irritation oder gar Entsetzen hervorruft, so bleibt der Absender dieser Einladung aber enorm beharrlich und sendet weitere Einladungen. In diesen wird auch immer direkt ein Untersuchungstermin vorgegeben, so dass ich erst einmal damit beschäftigt war, die Frage zu klären, ob ich tatsächlich vergessen haben sollte, dass ich selbst diesen Termin vereinbart habe? Habe ich nicht - das ist einfach die übliche Vorgehensweise. Hat funktioniert - bei mir zumindest.

Das war aber erst einmal das "Pflichtprogramm" (dessen Sinnhaftigkeit ich gar nicht in Abrede stellen möchte, doch rechne ich diese Termine alle in Lebenszeit um, verkürzen diese schon einmal meine Freizeit gut um 1-2 Jahre).

Dann folgt da noch das Programm der gut gemeinten Hinweise: Alzheimer-Forscher haben nachgewiesen, dass Sport und Bewegung das Risiko an Demenz zu erkranken erheblich senken kann. Vorgeschlagen wird eine Stunde Sport am Tag.

Die Hirnforschung wiederum belegt glaubhaft, dass eine halbe Stunde Gedächtnistraining am Tag jung hält, die Attraktivität steigert und altersbedingten Gehirnerkrankungen vorbeugen kann.

Und dann ist da noch die "Kür": für das optische Erscheinungsbild und das auch damit verbundene Selbstbewusstsein gibt es unzählige Angebote, die ein älter werdender Mensch einfach in Anspruch nehmen muss, damit ihm sein Alter nicht ins Gesicht geschrieben und/oder auf den Körper gezeichnet ist. Zweimal die Woche eine lymphaktivierende Massage, am besten kombiniert mit einer Cryo-Behandlung die mittels Kälte auch die hartnäckigsten Fettzellen an verbal konstruierten Problembereichen zum Erfrieren bringen.

Dann wären da noch der zweiwöchentliche Termin bei der Friseuse, der Kosmetikerin, der Nagelpflege, der ...

Abgerundet werden all diese Bemühungen durch eine gesunde und ausgewogene Kost durch einen Einkauf beim Erzeuger oder Biobauern vor Ort - auch wenn dies schon mal die Verwendung des Autos und mehrere Kilometer Wegstrecke bedeutet.

Das alles wäre ja vielleicht noch zu meistern, zeitlich in eine annehmbare Wochenplanung unterzubringen, wenn da nicht auch noch die Studien wären, die gelebte Achtsamkeit und Freiräume für wichtige persönliche soziale Kontakte für einen wesentlichen Faktor von Lebensqualität deklarieren würden.

Hatte ich es also bisher für sehr raffiniert gehalten, die scheinbar unvermeintliche Wartezeit in einer Arztpraxis mit dem Lösen von Denksportaufgaben zu überbrücken oder den obligatorische Stau auf der Autobahn auf dem Weg zur oder von der Arbeit  mit kurzen SMS-Nachrichten und Telefonaten mit meinen sozialen Kontakten kurzweilig zu gestalten, so fordern mich diese Studien nun auf, diese Mehrfachbelegung von Zeit nicht mehr so hinzunehmen. Wenn ich 2 Stunden in dem überfüllten Warteraum des Arztes verbringe, so soll dies meine ganze und alleinige Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Und den täglichen Stau auf der Wegstrecke meiner Existenzsicherung dankbar anzunehmen um mir bewusst den Geschehnissen meines Umfeld gewahr zu werden. Was so viel bedeuten kann wie die Farbe des Wagens hinter mir, das Kennzeichen des mir die Sicht versperrenden SUV vor mir und die Werbeaufschrift des reichlich kohlenstoffmonoxid -ausstoßenden LKWs neben mir auf mich wirken zu lassen.

Ich will und kann den Nutzen vieler dieser Vorschläge überhaupt nicht in Zweifel ziehen. Ich sehe in einer großen Zahl dessen auch deren Berechtigung.

Das Dilemma ist nur: ich habe auch noch einen Vollzeitjob den ich benötige um u.a. meine Krankenversicherung zu bezahlen. Oder mich mit Lebensmittel überwiegend umweltverträglich und ausgewogen zu versorgen. Und bis zur Rente ist es noch ein bisschen hin.

Ich würde mich ja auch gerne mal hinsetzen und überlegen und sortieren was davon ich wie machen möchte und könnte. Nur irgendwie fehlt mir dafür leider immer die Zeit ...

 

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