Eine kleine Anmerkung vorab: all das was ich berichte, versuche ich so wertfrei wie nur möglich zu berichten, denn so ist es gemeint. Auch wenn einiges skurril, fremd und unlogisch erscheinen mag, so hat es seine Gründe warum es so ist wie es ist. Das zu bewerten oder gar zu verurteilen steht mir nicht zu. Ich denke, ein Afrikaner der nach Europa kommt ginge es in vielen Dingen ähnlich, die wir nur nicht mehr sehen, weil sie für uns alltäglich sind. Wenn ich also manches in eine lustige oder gar flapsige Art beschreibe, so soll es nur der Verdeutlichung dienen, niemals aber der Bewertung!
Heute ist der 4. Tag meiner Tansania-Reise. Meinen Wecker klingelt um 6:30 Uhr, ich klettere aus der oberen Etage meines Etagenbettes, schnappe meinen Beutel für die Dusche gehe aber erst einmal auf die Toilette. Tja, und dann … ziehe ich am Hebel für die Spülung … doch das bleibt ohne jegliche Reaktion. Fakt ist: wir haben kein Wasser. Nun weiß ich was schlimmer ist als lauwarm duschen: gar nicht duschen. Und so relativiert sich ein unangenehmer Zustand (lauwarmes Wasser) in einen wünschenswerten Zustand. In der Thermoskanne mit heißem Wasser von gestern ist noch eine Tasse lauwarmes Wasser. In die rühre ich 2 Teelöffel Instantkaffee und setze mich nach draußen. Nun ist es nicht mal mehr ein kaffeeähnliches Gebräu sondern eher eine dunkelbraune Flüssigkeit, die ganz entfernt an etwas Koffeinhaltiges erinnert. Ich überlege, eine der Schüsseln für die Wäsche zu schnappen, dann eine Flasche meines Trinkwassers zu opfern und eine Katzenwäsche vorzunehmen. Denn ohne dass nicht zumindest ein paar Tropfen Wasser an mir dran waren werde ich das Hostel definitiv nicht verlassen. Nachdem ich diverse Szenarien im Kopf durchgespielt habe und mich mit dem Umstand arrangiere, gibt es wieder Wasser! So schnell mein Beutel geschnappt und unter die Dusche gehopst bin ich wohl auch noch nie. Was für eine Wohltat eine eiskalte Dusche doch sein kann! Und auch hier sind die Sitten und Gebräuche etwas schwer nachzuvollziehen: Wasser ist hier eine sehr kostbare Ressource, jeder weiß auch darum und kein Wasser für 2 Wochen kann hier auch schon passieren. Und dann spaziert man nach Arusha und alle 50 Meter waschen die Tansanier ihre Autos. Wir sind derzeit zu siebt im Hostel. 2 Männer und 5 Frauen zwischen 27 und 56 Jahre – alle arbeiten auf Freiwilligenprojekten: in einer Schule, in einem Waisenhaus oder gar im Hospital. Oder so wie drei von uns im Pippi-Haus. Im Hostel wird von Montags bis Freitags das Frühstück und das Abendessen gestellt. Das Frühstück besteht aus Schwarztee, Toast, Margarine und Marmelade. Das Abendessen aus Ugali (dem Hauptgericht in Tansania einem Maisbrei der fast zu allem gereicht wird), Reis oder seltener Kartoffeln und Bohnen, Erbsen, Gemüse und als Fleisch überwiegend Huhn. Gestern Abend gab es Reis, Bohnen und Hühnchen und als wir uns gerade aufmachten vom Wohnzimmer zum Essenstisch zu begeben ging das Licht aus. Stromausfall. Auch das ist hier in dieser Region nichts Ungewöhnliches. Die Solarlampe wird auf den Tisch gestellt und mit einer Taschenlampe leuchtet einer der Mitbewohner auf die Schüsseln für das Essen, so dass jeder seinen Teller füllen kann. Eine romantische Atmosphäre – eigentlich. Bei einem Abendessen nicht so dramatisch. Heißt aber auch: kein warmes Wasser (sofern Wasser da ist) kein Licht (und ab 19:00 Uhr wird es sehr dunkel) und natürlich auch keine Versorgung der zahlreichen technischen Geräte wie Smartphones und Notebooks. Und auch hier wird es wieder ein klein wenig skurril: während die Stromversorgung sehr instabil ist, und es auch schon einmal vorkommen kann, dass es einen Tag lang keinen Strom gibt, so gibt es doch selbst im abgelegensten Stadtteil oder Kellern hervorragenden Handyempfang. Ich habe noch keine Stelle gefunden, wo ich keine Verbindung gehabt hätte. Doch was nutzt der tollste Handy-Empfang, wenn das Smartphone keinen Saft mehr hat? Gestern war es ein extrem kurzer Stromausfall. Nach ca. 1 Stunde gingen die Lichter wieder an. Das ist für ein solches Vorkommnis schon sehr kurz. Aber: ich will mich nicht beschweren J Es gibt noch weitere Situationen, die mich einfach nur ins Staunen versetzen. Und da werden sicherlich noch eine Menge folgen, denn ich zähle ja gerade erst einmal Tag 4 meiner Anwesenheit. So gehen wir gestern zu Fuß durch Arusha, auch um immer etwas an Orientierung hinzuzugewinnen, als auf der gegenüberliegenden Seite der Straße ein Straßenhändler (von denen es hier unzählige gibt) ein ganz besonderes Angebot bereit hält: er steht dort und vor sich hat er eine Personenwaage stehen. Eine solche, wie man sie auch öfters in deutschen Apotheken findet, die Scheibe der analogen Anzeige schon mehrfach mit Klebeband geflickt. Und er bietet den vorbeilaufenden Passanten an, sich für einen gewissen Betrag wiegen zu lassen. Wieviel er dafür verlangt, das weiß ich nicht, aber das werde ich auch noch herausfinden. Jeder muss hier schaun, wie er sich und seine Angehörigen über die Runden bringt. Und so sind der Möglichkeiten und des Einfallsreichtums keine Grenzen gesetzt. Und wenn es die Personenwaage am Straßenrand ist.
Noch eine Anmerkung in eigener Sache: ich habe bemerkt, dass die Fotos, welche ich gestern hochgeladen habe, teilweise um 180 Grad gedreht sind. Warum und wieso ist mir schleierhaft, kann ich auf die Schnelle auch nicht herausfinden. Ich bin schon sehr froh darüber, überhaupt mit der Heimat in der Form des Blogs, Mails und WhatApp in Verbindung bleiben zu können. Und so werden wir diese Fotos einfach mal unter das Motto packen: ich lasse Euch auf diese Art daran teilhaben, dass meine Welt gerade etwas auf dem Kopf steht J. | Bildergalerie |